11.06.2024 – Heiner Schultz, Gießener Allgemeine Zeitung
Ein außergewöhnliches Konzerterlebnis genossen die Besucher des Gemeindesaals am Sonntagabend. In der Reihe Kirchenmusik Lich musizierten die Camerata vocale Hessen und das Klavierduo Clara und Marie Becker; die Leitung hatte Kantor Christof Becker. Man hörte Werke von Brahms, Fanny Hensel und Felix Mendelssohn Bartholdy. Das Publikum im fast vollen Saal war sehr begeistert.
Das Konzert umfasste fünf Chorteile und zwei Klavierabteilungen, zudem begleiteten die Pianistinnen zeitweise den Chor. Die Musikerinnen und Sänger waren sichtlich gut aufgelegt, genau wie Leiter Christof Becker. Man hatte Lust auf Musik, war zu spüren.
Schon mit dem ersten Chorwerk erwies sich der Besuch des Konzerts als sehr gute Idee. Aus Johannes Brahms »Achtzehn Liebeslieder-Walzer« op. 52 erklangen die ersten sechs Verse. Fröhlich, kraftvoll und auffallend sicher agierte der Chor und zeigte viel Schwung. Überhaupt übte das Ensemble sein Handwerk sehr korrekt aus: sehr gute Artikulation, ebensolche Phrasierung und eine saubere chorische Atmung sorgten für eine ungewöhnliche Transparenz. Bei Fanny Hensels »Im Wald, im hellen Sonnenschein« aus den Gartenliedern op. 3 erweiterten sehr gute Höhen das Hörvergnügen, ausgeführt mit ungewöhnlicher Sicherheit. Hier war erfolgreich intensive Vorbereitungsarbeit geleistet worden. Das Resultat war schön, transparent und stimmungsvoll. Das erste Solo des Klavierduos Clara und Marie Becker - sie hatten bis dahin edle Instrumentalbegleitung für die Sängerinnen und Sänger geliefert - waren Hensels »Drei Charakterstücke für Klavier zu vier Händen« (Allegretto, Allegretto grazioso, Allegro molto). Hier fiel sogleich die sehr präzise Dynamikgestaltung auf, die sich mit perlender Leichtigkeit verbunden ergab. Wirklich glänzend gelang der zweite Satz, wobei der gemeinsam formulierte Ausdruck eine besondere Attraktion darstellte. Zudem stützte eine unerschütterliche Präzision das professionelle Niveau.
Zum Ende entwickelten sie immer mehr Schwung und Kraft - einfach mitreißend. Faszinierend war die allgegenwärtige gestaltende Effizienz. Rauschender Beifall.
Ihren zweiten Einsatz hatten sie mit Mendelssohn Bartholdys »Andante con variazioni B-Dur op. 83a für Pianoforte zu vier Händen«. Hier entstand ein kraftvoller Fluss, man musizierte mit Schmackes. Das Duo vermittelte zugleich höchste Konzentration und ebensolche Vertiefung, die Musikerinnen ruhten sichtbar im Werk. Sie setzten ihren jugendlichen Elan stets kontrolliert und fast schon streng werkdienlich ein.
Die Camerata gab weiter ihr Bestes. Mit eindrucksvollen Nuancen musizierte man Mendelssohn Bartholdys »Die Nachtigall« op. 59 Nr. 4 und fand für Brahms »Liebesliederwalzer« perfekt mit dem Klavier zusammen. Der Leckerbissen war ein eindrucksvoller Dynamikgipfel.
Überhaupt gelang die Dynamik- und Klangvielfalt ausnehmend gut, hier klang kein Werk wie das andere. Dirigent Becker agierte zwar intensiv zugewandt mit seinem Chor, hatte aber keine große Arbeit mehr zu leisten. Das war schon lange zuvor sorgfältig erledigt worden. Die Freude über das erreichte Ziel war den Musikern und ihrem Dirigenten deutlich anzusehen. Außergewöhnlich intensiver Beifall für alle Mitwirkenden und zwei Zugaben.
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